Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU) – oft verkürzt durch die Verschmelzung der Begriffe „Britain“ und „Exit“ als „Brexit“ bezeichnet – bedeutete einen tiefen Einschnitt. Die unmittelbaren Folgen für Großbritannien machten Schlagzeilen und reichten von leeren Supermarktregalen bis zu fast schon verzweifelt wirkenden Anwerbeversuchen von Lkw-Fahrern und anderen Arbeitskräften. Die ökonomischen Folgen für die britische Wirtschaft dürften insgesamt sehr negativ sein. So rechnete die unabhängige britische Aufsichtsbehörde Office for Budget Responsibility jüngst vor, dass der EU-Austritt das nationale BIP um rund vier Prozent senken werde. Mit den Auswirkungen des Brexit möchte ich mich als DATEV Buchhalter und Spezialist für Buchhaltung sowie Finanzbuchhaltung in diesem Blogartikel beschäftigen. Dabei möchte ich die Folgen für die deutsche Wirtschaft und heimische Unternehmen in den Vordergrund rücken und für Betriebe mögliche Handlungsoptionen aufzeigen. Hierfür hilft es, den Brexit zunächst etwas näher zu analysieren und danach mögliche Vor- und Nachteile getrennt zu betrachten.
Ablauf und Bedeutung des Brexit
Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU erfolgte offiziell am 31. Januar 2020. Die Vorgeschichte beginnt aber bereits Jahre zuvor. So erfolgte die Ankündigung des Zeitpunkts der Abstimmung bereits am 20. Februar 2016. Die Wahl – bei der eine knappe Mehrheit von rund 52 Prozent der Wählerinnen und Wähler für den Austritt stimmten – erfolgte dann am 23. Juni desselben Jahres. Diese Daten sind von Bedeutung, weil einige der Folgen des Brexit nicht erst ab dem eigentlichen Austritt begannen. Schon die Hängepartie zuvor, die Verkündigung des Wahlergebnisses und bereits die Tatsache, dass es überhaupt zu einer Abstimmung kommen sollte, spielten eine Rolle. In ökonomischer Hinsicht ist aber nicht nur die politische Dimension des Austritts aus der EU wichtig. Von Bedeutung ist in diesem Kontext, dass die Briten dadurch nicht länger Teil des EU-Binnenmarktes oder der Europäischen Zollunion sind. Dadurch gelten – ohne weitere Verträge – nur die rudimentären Regeln der Welthandelsorganisation.
Negative Auswirkungen des Brexit für die deutsche Ökonomie
Für Deutschland als Exportnation gehörte Großbritannien lange Zeit zu den wichtigsten Handelspartnern überhaupt. Im Jahr vor der Durchführung des Referendums markierten die deutschen Exporte in das Vereinigte Königreich mit einem Wert von 89 Milliarden Euro einen Höhepunkt. Seitdem sind sie allerdings kontinuierlich gesunken und betrugen etwa 2018 weniger als 80 Milliarden Euro und 2021 sogar nur gut 65 Milliarden Euro. Die Gründe für diese und weitere zu befürchtende Rückgänge verdeutlicht ein Blick auf die Ebene der Unternehmen. Negative Brexit-Folgen drohen Betrieben vor allem durch:
- Bürokratiezuwachs
- Investitionsverlagerungen
- Juristische Schwierigkeiten
- Logistikprobleme
- tarifäre Handelshemmnisse
- Umsatzeinbußen
Bürokratiezuwachs
Die Bürokratie der Europäischen Union hat keinen besonders guten Ruf. Tatsächlich haben hier jedoch vor allem beim grenzüberschreitenden Handel zahlreiche Regelungen für die Minimierung bürokratischer Hemmnisse gesorgt. Diese einheitlichen Standards fallen für Großbritannien durch den Austritt aus der gemeinsamen Zollunion zum größten Teil weg. Stattdessen müssen sich Unternehmen beim grenzüberschreitenden Handel von und nach Großbritannien mit einer ausufernden Bürokratie und erweiterten Dokumentationspflichten, einzuhaltenden Normen und Vorschriften auseinandersetzen. Als DATEV Buchhalter kann ich auch nicht ausschließen, dass es etwa Bestrebungen gibt, eingeführte Vereinheitlichungen bei der Buchhaltung oder Finanzbuchhaltung zugunsten nationaler Regelungen rückgängig zu machen. In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) haben drei Viertel der befragten Unternehmen die zunehmende Zollbürokratie als größtes Risiko bei Geschäften mit dem Vereinigten Königreich bezeichnet. Durch diesen Bürokratiezuwachs können sich wiederum die Produkte und Dienstleistungen von deutschen Unternehmen verteuern.
Investitionsverlagerungen
Großbritannien ist für deutsche Betriebe – gleich nach den Vereinigten Staaten – mit einem Investitionsvolumen von mehr als 160 Milliarden Euro weltweit der wichtigste Investitionsstandort. Doch laut der DIHK-Umfrage plant mehr als jedes siebte deutsche Unternehmen Investitionen und Standorte aus dem Vereinigten Königreich zu verlagern. Durch die Standortsuche, den Umzug in andere Länder und den dortigen Ausbau der Geschäftsaktivitäten entstehen für deutsche Unternehmen erhebliche Kosten, die vor allem für kleine und mittlere Betriebe schwer zu schultern sind.
Juristische Schwierigkeiten
Für den grenzüberschreitenden Handel innerhalb der Europäischen Union gelten fixe rechtliche Regeln. Das erleichtert und beschleunigt den in der EU ansässigen Unternehmen den Abschluss von Verträgen. Denn auch wenn es einzelne nationale juristische Besonderheiten gibt, existiert gewissermaßen ein übergeordneter Rahmen in der EU. Durch den Austritt des Vereinigten Königreichs erlangen nationale britische Gesetze nun eine größere Bedeutung. Die Folge sind mindestens rechtliche Unsicherheiten für deutsche Unternehmen, die Handel mit Großbritannien betreiben. Es kann aber auch notwendig werden, sich künftig genauer mit dem britischen Recht auseinanderzusetzen und in Verträgen explizit neue Vereinbarungen zu treffen. Dies bedeutet einen zusätzlichen Aufwand und bindet Ressourcen.
Logistikprobleme
Die leeren Regale in britischen Supermärkten und Tankstellen ohne Kraftstoff waren nur ein Vorgeschmack auf die durch den Brexit ausgelösten logistischen Probleme. Auch deutsche Betriebe, die Vorprodukte von britischen Unternehmen beziehen, mussten sich schon auf längere Lieferzeiten einstellen. Dadurch verschoben sich wiederum die Lieferungen an ihre Kunden. Produkte hängen immer länger beim – hoffnungslos überlasteten – britischen Zoll fest. So ist der Brexit – neben dem Coronavirus und dem Ukrainekrieg – ein weiterer Faktor, der Lieferketten und Logistik zusätzlich beansprucht.
Tarifäre Handelshemmnisse
Bei tarifären Handelshemmnissen handelt es sich um protektionistische Maßnahmen, die den Außenhandel beschränken. Das Instrumentarium für Regierungen reicht hier von der Zollerhebung über das Festlegen von Preisgrenzen bis hin zu direkten Subventionen für den eigenen Export. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die nationale Industrie zu schützen und den Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen zu minimieren. Der EU-Binnenmarkt und die Europäische Zollunion verhindern solche Handelshemmnisse jedoch weitgehend. Durch den Austritt ist das Vereinigte Königreich aber nicht mehr an die hier kodifizierten Regelungen gebunden. So könnte die Regierung des Vereinigten Königreichs gezielt Teile der britischen Industrie durch tarifäre Handelshemmnisse schützen – auch zum Nachteil von deutschen Unternehmen.
Umsatzeinbußen
Eine der direktesten Folgen des Brexit für deutsche Betriebe sind spürbare Umsatzeinbußen. Die deutschen Exporte nach Großbritannien sind in den vergangenen Jahren sukzessive gesunken und ein Ende ist kaum in Sicht. So gehen in der DIHK-Umfrage 43 Prozent der befragten deutschen Unternehmen auch künftig von rückläufigen Ausfuhren in das Vereinigte Königreich aus.
Positive Folgen des Brexit für die deutsche Wirtschaft
Der Brexit muss aber nicht (nur) negative Auswirkungen auf die Wirtschaft Deutschlands haben. So dürften sich einige Investitionen aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland verlagern. In diesem Zusammenhang haben etwa einige Kreditinstitute und Finanzdienstleister angekündigt, dem Finanzplatz London teilweise oder sogar ganz den Rücken zu kehren oder diesen Schritt bereits vollzogen. Viele davon haben Frankfurt am Main zum neuen Standort erkoren. Die hier getätigten Investitionen und zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze kommen der deutschen Ökonomie zugute. Vielleicht kann sogar dein Betrieb direkt vom Brexit profitieren und den Umsatz steigern. Das könnte etwa der Fall sein, wenn andere Unternehmen angesichts der skizzierten Probleme neue Lieferanten suchen und ihre Wahl dabei auf dein Unternehmen fällt.
Der Nettoeffekt des Brexit auf die Wirtschaft in Deutschland
Der Einfluss des Brexit auf die einzelnen Branchen und Unternehmen ist unterschiedlich. Besonders negativ betroffen sind vor allem die deutsche Automobil- und Chemiebranche, wegen der engen Verzahnung. Aber auch insgesamt ist der Nettoeffekt des Brexit für Deutschland negativ – wenngleich nicht so verheerend wie für das Vereinigte Königreich selbst. So gehen die Volkswirte des Leibniz-Institutes für Wirtschaftsforschung in Halle davon aus, dass der Brexit das deutsche Bruttoinlandsprodukt in den nächsten Jahren um „mehrere zehntel Prozentpunkte“ senken könnte. Das mag nicht viel klingen. Gemäß der Aussagen des Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr, könnten der deutschen Volkswirtschaft aber durch den Brexit rund 20 Milliarden Euro verloren gehen – Jahr für Jahr.
So meistert dein Unternehmen die Folgen des Brexit
Ich weiß natürlich nicht, wie der Brexit deinen Betrieb beeinflusst. Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß, dass die Auswirkungen für zusätzliche Belastungen sorgen. Möglicherweise kannst du vom sogenannten Brexit-Fonds der EU profitieren, der mit einem Volumen von fünf Milliarden Euro Betriebe unterstützen soll, die durch den Brexit unter zusätzlichen Kosten oder Nachteilen leiden. Wichtiger und nachhaltiger sind aber das Optimieren und die Beschleunigung von unternehmensinternen Prozessen sowie maßgeschneiderte Strukturen. Als DATEV Buchhalter kann ich dir hier in den Bereichen Buchhaltung im Allgemeinen und Finanzbuchhaltung im Speziellen weiterhelfen. Mein Versprechen lautet: Zeige mir deine Buchhaltung und ich zeige dir, wie man es besser macht. So fällt es deinem Unternehmen garantiert einfacher, die mit dem Brexit verbundenen Herausforderungen zu meistern.
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