Der Begriff Legacy-System klingt zunächst gar nicht so negativ. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem Terminus jedoch eine Problematik, die vor allem Betriebe betrifft, die bereits seit mehreren Jahren aktiv sind. Aber auch für junge Unternehmen, die Akquisitionen von Firmen mit alten Softwarelösungen durchführen, kann die Legacy-Problematik relevant sein und die Integration erschweren. In diesem Blogartikel gehe ich auf die Schwierigkeiten bei der Modernisierung von Legacy-Systemen näher ein. Wegen meiner Profession als DATEV Buchhalter sind für mich hier besonders die Bereiche Buchhaltung und Finanzbuchhaltung interessant. Als Vorbereitung dazu möchte ich aber zunächst den Begriff der Legacy-Systeme konkretisieren sowie Möglichkeiten des Umgangs mit diesen Systemen aufzeigen und bewerten.
Was ist ein Legacy-System genau?
Der Terminus Legacy-System stammt aus der Informationstechnik. Er bezeichnet eine im jeweiligen Betrieb etablierte und oft im Zeitablauf immer weiter modifizierte Unternehmenssoftware. Der Begriff lässt sich dabei entweder wertfrei einfach als „Altsystem“ oder mit negativer Konnotation als „Altlastsystem“ oder „überaltertes System“ übersetzen.
Der Umgang mit Legacy-Systemen
Legacy-Systeme sind für viele Unternehmen ein etabliertes Werkzeug im betrieblichen Alltag, die sich bewährt haben. Oft sind sie an die jeweiligen Bedürfnisse des Betriebs angepasst. Grundsätzlich gibt es drei Strategien, um mit Altsystemen umzugehen, nämlich:
- Weitgehend unmodifizierte Weiternutzung von Legacy-Systemen
- Ersatz der Legacy-Systeme durch neue Software
- Umfassende Modernisierung der Legacy-Systeme
Alle diese drei Strategien sind durch spezifische Vor- und Nachteile gekennzeichnet.
Weitgehend unmodifizierte Weiternutzung von Legacy-Systemen
„Never change a running system“ ist die Devise, die hinter der Weiternutzung von Altsystemen steht. Solange die Legacy-Systeme funktionieren, wird bei dieser Strategie daran auch nichts geändert. Bei Problemen ist Flickschusterei angesagt. Denn laut Maxime soll die Software so wenig wie möglich verändert werden, damit keine Probleme entstehen und der Aufwand möglichst gering ausfällt. Dadurch entstehen auch keine hohen Anschaffungskosten oder Ausfallzeiten, die beim Kauf einer neuen Software oder einer umfassenden Modernisierung beträchtlich sein können. Allerdings ist die Wartung oft mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden, da sich oft nur noch wenige Experten mit der alten Software auskennen. Zudem ist die Benutzeroberfläche meistens wenig intuitiv und die Performance nicht auf dem aktuellen Stand der Technik. Das belastet wiederum die Leistungsfähigkeit des Systems. Dazu kommen Probleme mit der Sicherheit und der Verarbeitung von Daten gemäß der aktuellen Datenschutzrichtlinie, die sich wegen der veralteten Architektur meistens kaum beheben lassen. Weil viele Softwarefirmen für alte Programme keine Sicherheitsupdates mehr anbieten, besteht insbesondere ein höheres Risiko, dass Unbefugte in das System eindringen, Daten abgreifen oder dem Unternehmen den Zugang versperren und es erpressen. Verbindungen zu neuer Software sind entweder kaum oder nur durch umfangreiche Anpassungen möglich. So lassen sich beispielsweise Zahlen aus alten Programmen in den Bereichen Buchhaltung und Finanzbuchhaltung oft nicht direkt per Knopfdruck für die neue Controlling- oder Unternehmenssoftware verwenden. Als DATEV Buchhalter benötige ich wegen fehlender oder inkompatibler Schnittstellen beim Umgang mit Legacy-Systemen regelmäßig mehr Zeit, was für meine Kunden zu höheren Kosten führt.
Ersatz der Legacy-Systeme durch neue Software
Eine neue Unternehmenssoftware ist oft leistungsfähiger als ein Legacy-System. Sie nutzt die Möglichkeiten moderner Hardware besser und bietet in der Regel alle erforderlichen Schnittstellen zu anderen Programmen, die das Unternehmen nutzt. Bezüglich Aspekten wie Sicherheit und Datenschutz ist eine moderne Unternehmenssoftware Altsystemen fast immer deutlich überlegen. Allerdings entstehen durch den Umstieg oft beträchtliche Anschaffungskosten. Dazu können Ausfallzeiten beim Umstieg kommen. Handelt es sich bei der neuen Unternehmenssoftware um ein Standardprogramm müssen Unternehmen möglicherweise auf Funktionalitäten verzichten, die die Legacy-Software geboten hat. Anpassungen sind zwar in einem gewissen Maße möglich, erfordern aber einen gewissen Aufwand. Dieser entsteht auch bei der Überwindung von Bedenken bei Mitarbeitern, die dem Umstieg nach meinen Erfahrungen mehrheitlich skeptisch bis ablehnend gegenüber stehen dürften, sowie den notwendigen Schulungen des Personals.
Umfassende Modernisierung der Legacy-Systeme
Bei der umfassenden Modernisierung von Legacy-Systemen versuchen Unternehmen sich gewissermaßen das Beste beider Welten zu sichern. Einerseits können sie das bewährte und auf die Ansprüche des Betriebs zugeschnittene Altsystem weiter nutzen. Andererseits erfolgen Modernisierungen bezüglich zentraler Parameter bzw. Schwachstellen des Legacy-Systems. Dazu zählen vor allem
- Benutzerfreundlichkeit
- Datenschutz
- Funktionalitäten
- Kompatibilität
- Leistungsfähigkeit
- Sicherheit
Probleme bei der umfassenden Modernisierung von Legacy-Systemen
Die Modernisierung von Altsystemen ist für Unternehmen aber leider nicht die alternativlose eierlegende Wollmilchsau. Hier lauern nämlich auch diverse Schwierigkeiten. So ist etwa bei einigen Systemen eine Modernisierung wegen veralteter Programmiersprachen und Softwarearchitekturen nur begrenzt möglich oder schlicht unwirtschaftlich. Oft sind die dafür notwendigen Fachleute schwer zu finden. Zu einer der größten Herausforderung zählt speziell die Schnittstellenproblematik. Zudem ist die Modernisierung oft zeitaufwendig. Steht währenddessen das Legacy-System nicht zur Verfügung, drohen Umsatzeinbußen und wegen Verzögerungen auch ein Absinken der Kundenzufriedenheit. Zwar lässt sich die Leistungsfähigkeit dank der Modernisierung gegenüber dem gewohnten Altsystem oft problemlos steigern. Das Niveau einer neuen, schlanken Unternehmenssoftware ist aber kaum zu erreichen.
Wie sollte dein Unternehmen mit Legacy-Systemen umgehen?
Es ist schwer, eine allgemeingültige Strategie für den Umgang mit Legacy-Systemen zu definieren. Es kommt vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall in deinem Betrieb an. Immerhin lässt sich festhalten, dass die unmodifizierte Weiternutzung von Altsystemen fast immer die schlechteste aller möglichen Alternativen ist. Denn den wenigen Vorteilen stehen massive Nachteile gegenüber, wobei vor allem die schwache Performance und die mangelhafte Sicherheit für viele Unternehmen relevant sein dürfte. Auch die oft bestehenden Schwierigkeiten, Daten aus Buchhaltung und Finanzbuchhaltung effizient über eine direkte Datenübertragung oder die bessere Unternehmenssteuerung zu nutzen, sind für mich als DATEV Buchhalter und Spezialist für das Controlling ein wichtiger Entscheidungsfaktor. Deshalb gilt es in der betrieblichen Praxis oft nur zwischen einer neuen Software und einer Modernisierung der bestehenden Legacy-Systeme abzuwägen. Tendenziell scheint hier die Modernisierung eher die bessere Option. Zu einem kompletten Austausch statt einer Modernisierung deines Legacy-Systems würde ich nur raten, wenn eine Modernisierung mit einem sehr hohen Aufwand verbunden wäre oder die neue Standardsoftware die Bedürfnisse des Unternehmens in einem sehr hohen Maße erfüllt, ohne dass wichtige Features fehlen. Hier gilt es also auf die Machbarkeit und Bedürfnisse des jeweiligen Betriebs zu schauen. Dank der Modernisierung von Altsystemen können Unternehmen die auf ihre Ansprüche genau abgestimmte Software weiter nutzen. Die meisten mit der Modernisierung verbundenen Probleme lassen sich zudem heute lösen oder zumindest abschwächen. So kann ein Parallelbetrieb von alter und neuer Software Umsatzeinbußen und ein Absinken der Kundenzufriedenheit verhindern. Die parallele Nutzung findet dabei aber nur temporär statt und sollte nach abgeschlossener Modernisierung bzw. Migration aller Daten ein Ende finden. Denn der Betrieb und die Pflege von zwei Systemen verursacht langfristig hohe Kosten sowie Dateninkonsistenzen. Bezüglich der Schwierigkeiten mit Schnittstellen lassen sich zudem sogenannte Konnektoren verwenden, die gewissermaßen eine Zwischenschicht zur Datenübertragung etablieren. Besonders komplexer Programmiercode lässt sich heute auch durch das Reverse Engineering dekonstruieren und so besser verstehen. Eine verständliche Dokumentation aller Schritte bei der Modernisierung sorgt dafür, dass diese später wieder möglichst einfach durchführbar ist. Eine Studie von IDG Research Services kommt zum Ergebnis, dass sich die Mühe der Legacy-Modernisierung meistens lohnt, denn hier lautet das Fazit: „Das Gros der Unternehmen ist mit den bisher erzielten Ergebnissen zufrieden.“ Gerne berate ich dich als Spezialist für Buchhaltung, Controlling und Prozessoptimierung individuell und stelle meine Expertise in den Dienst deines Unternehmens. Mein abschließender Rat: Lasse deinen Unternehmenserfolg nicht durch Legacy-Systeme bremsen.
0 Comments Leave a comment