Das Ende der Negativzinsen

Wir leben wahrhaftig in einer verrückten Zeit. Statt Zinsen zu erhalten, wird derjenige, der (zu viel) Geld auf dem Konto hat, seit einigen Jahren mit Negativzinsen bestraft. Bislang mussten alle Kreditinstitute 0,5 Prozent Strafzinsen für ihr bei der Europäischen Zentralbank (EZB) geparktes Geld bezahlen. Immer mehr Bankinstitute gaben ihre anfallenden Minuszinsen direkt an ihre Kunden weiter. Obwohl die meisten Banken Freibeträge von € 50.000 oder € 100.000 gewährten, verrechneten andere dieses sogenannte Verwahrentgelt bereits ab dem ersten Euro. Doch rund einen Monat nach der ersten Zinserhöhung im Euroraum seit 11 Jahren beenden jetzt immer mehr Kreditinstitute die Praxis der Negativzinsen. Eine aktuelle Umfrage beim Vergleichsportal Verivox zeigt die deutliche Trendwende. 

Negative Einlagenzinsen lassen die Liquiditätspolster auf vielen Konten schnell schrumpfen. Dabei müssen gerade Einzelunternehmer, Freelancer und Handwerker oft kurzfristig liquide sein, um ihre laufenden Ausgaben zu tätigen. Aus meiner Tätigkeit als DATEV Buchhalter weiß ich außerdem, dass durch ihre Umsätze regelmäßig größere Summen auf ihren Geschäftskonten landen, die dann zu der genannten Negativverzinsung führen. Mit der Zinserhöhung der EZB um einen halben Prozentpunkt werden diese „Strafzinsen“ in Zukunft entfallen. Endlich scheint Bewegung in den jahrelangen Stillstand der Zinslandschaft zu kommen. Die ersten Banken bieten bereits wieder positive Einlagenzinsen für Festgeld an. Steigende Zinsen freuen Sparer, Schuldner hingegen eher weniger, da die Kreditzinsen ebenfalls steigen. Inwieweit die Notenbanken die Zinsen künftig anheben werden, allein um die steigenden Inflationserwartungen im Zaum zu halten, bleibt abzuwarten. Die Zeit des billigen Geldes scheint vorerst jedenfalls erst einmal vorbei zu sein.

2022 steigen die Zinsen wieder

2022 ist das Jahr der Zinswende. Nach jahrelangen Zinssenkungen, Null- und sogar Negativzinsen, erhöhte die EZB im Juli 2022 erstmals nach elf Jahren die Leitzinsen, überraschenderweise sogar gleich um 50 Basispunkte. Doch eine übermäßige Euphorie über die – trotzdem nur geringen – Einlagenzinsen kann angesichts der hohen Inflation nicht aufkommen. Bei einer aktuellen Inflationsrate von über 8 % schmilzt der Wert des Geldes im Sommer 2022 beinahe schneller als das Schokoladeneis in meiner Hand. Um den Kaufkraftverlust des Ersparten auszugleichen, reichen die derzeitigen Zinsen bei weitem nicht aus. Auch wenn die EZB den ersten Schritt zur Zinserhöhung getan hat, heißt das noch lange nicht, dass in absehbarer Zeit mit tatsächlich deutlich höheren Zinsen zu rechnen ist. 

Solange der Nominalzinssatz niedriger als die Inflationsrate ist, bedeutet das einen negativen Realzins. Vereinfacht gesagt wird unser Geld also immer weniger wert, auch wenn die Zinsen im Jahr 2022 wieder im Steigen begriffen sind. Die heraufziehende Rezession in Europa macht das weitere Handeln der Notenbanken ebenfalls nicht leichter. Es bleibt also weiterhin spannend zu sehen, wie weit die Währungshüter bei der nächsten Sitzung im September die Zinsen anheben werden, um das Inflationsproblem in den Griff zu bekommen. 

Was Inflation ist und was sie mit unserem Geld macht, habe ich in diesem Artikel beleuchtet. Hier findest du auch ein paar Anregungen und Tipps, wie du der hohen Inflation begegnen kannst. Erfahre auch, an welchen Stellschrauben du in deinem Unternehmen drehen kannst, damit dein Betrieb der Teuerung nicht hilflos ausgeliefert ist. Konkret habe ich drei Empfehlungen für dein Unternehmen.

Wie kam es zu Negativzinsen und weshalb steigt der Zinssatz jetzt wieder?

Vor gar nicht so langer Zeit waren die Einlagenzinsen bei Banken noch positiv. Wer Geld sparte und auf seinem Giro-, Tages- oder Festgeldkonto ein Guthaben hatte, erhielt dafür Guthabenzinsen. Ebenso bekamen die Bankinstitute für ihr bei der EZB geparktes Geld Zinsen. Allerdings verringerten sich die Einlagenzinsen in den letzten Jahren immer mehr, bis sie auf Null fielen und letztlich 2014 sogar ins negative Terrain abrutschten, wie du gut auf der Website der Deutschen Bundesbank sehen kannst. 

Insbesondere nach der Finanzkrise 2008 war die europäische Wirtschaft geschwächt und die EZB beabsichtigte, mit ihrer Zinspolitik und dem verstärkten Kauf von Unternehmens- und Staatsanleihen, diese wieder zu stärken. Der niedrige Leitzinssatz sollte Unternehmen sowie Verbraucher zu mehr Investitionen und Konsum stimulieren und somit vermehrt Geld in Umlauf bringen. Die Politik des billigen Geldes beabsichtigte die Investitionsbereitschaft und Konsumlaune steigern. Steigt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, steigen in der Regel auch die Preise von Gütern und Dienstleistungen, was wiederum die Menschen anregt, ihr Geld möglichst schnell wieder auszugeben. Diese Anreize sollen die wirtschaftliche Lage stärken. Dadurch steigt allerdings die Inflationsrate, was wiederum die Zinsschritte der EZB rechtfertigt, um die Inflation in Schach zu halten. 

Die EZB-Chefin Christine Lagarde bekannte sich in der EZB-Sitzung im Juli 2022 neuerlich, auf mittlere Sicht an einem Inflationsziel von 2 % festzuhalten. Die künftige Zinspolitik der EZB wird von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung gefasst werden. Dadurch kann auf die vielen Unsicherheiten im europäischen Finanzmarkt eingegangen werden. Mit weiteren Zinsschritten ist daher wahrscheinlich in den nächsten Monaten und Quartalen zu rechnen. Die Zeit der Negativzinsen scheint vorerst einmal endgültig vorbei zu sein. Rechne allerdings nicht mit plötzlich wieder beträchtlichen Guthabenzinsen auf deinem Giro- oder Festgeldkonto. Aktuell erzielst du bei zweijährigen Festgeldkonten lediglich bis zu 1,3 Prozent, was die derzeitig hohe Inflation bei Weitem nicht ausgleicht.

Niedrige Zinsen sind attraktiv für Schuldner

Zeiten niedriger Zinsen sind besonders für Schuldner attraktiv. Wer Geld braucht, kann dank der geringen Zinslast günstig Kredite aufnehmen und spart bei der Rückzahlung. Diesen Umstand nutzten viele Unternehmer und Staaten, um sich günstig Geld zu leihen. Experten haben wegen der Zinserhöhung der EZB Sorge, dass viele Unternehmen künftig Schwierigkeiten haben könnten, ihre Schulden bedienen zu können. Aber auch wirtschaftlich schwachen und hoch verschuldeten Staaten Südeuropas, wie Griechenland, Italien oder Spanien könnten künftige Probleme erwachsen, ihren Gläubigern die höheren Zinsen zurückzahlen zu können. Investoren verlangen Risikoaufschläge, was die Anleiherenditen deutlich steigen ließ. 

Die EZB beendete wegen der hohen Inflation auch ihre Anleihekäufe im Juli. Dafür stellte sie ihre neue geldpolitische Maßnahme namens Transmission Protection Instrument (TPI) vor, welche den großflächigen Ankauf Europäischer Staatsanleihen ersetzen soll. Dieses Programm ermöglicht es der Europäischen Zentralbank auch weiterhin Staatsanleihen europäischer Länder zu kaufen, falls Spekulanten die Renditen in die Höhe treiben. 

Fazit

Für Guthaben (meist im fünf- bis sechsstelligen Bereich) verlangten viele Banken im letzten Jahr von ihren Kunden Negativzinsen von 0,5 Prozent. Manche Institute verrechneten die sogenannten Strafzinsen sogar bereits ab dem ersten Euro, was speziell kleinere Unternehmen, Gewerbetreibende und Freelancer zu spüren bekamen. Banken mussten bis Juli 2022 für ihr bei der EZB geparktes Geld Zinsen bezahlen und gaben dies direkt an ihre Kunden weiter. 

Mit der Zinswende der Europäischen Zentralbank fallen diese Negativzinsen nunmehr größtenteils weg. Mit ihren moderat höheren Zinsen reagiert die EZB einerseits auf die Inflation und hofft andererseits, die europäische Wirtschaft nicht direkt in eine Rezession zu schicken. Experten schließen allerdings zusätzliche Turbulenzen infolge der Zinswende nicht aus und sehen insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen sowie wirtschaftlich schwache Staaten schwierige Zeiten vor sich.

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