Was ist die gefühlte Inflation und wie wird sie ermittelt?

Mit dem Thema Inflation habe ich mich in diesem Blog ja bereits beschäftigt. Allerdings gibt es hier einen Teilaspekt der Inflation bzw. eine alternative Berechnungsweise der Inflationsrate, die für viele Unternehmen eine besonders hohe Bedeutung hat. Dabei handelt es sich um die sogenannte gefühlte Inflation. Was das genau ist und wie die Ermittlung erfolgt, möchte ich in diesem Blogartikel näher betrachten. Dazu ist zuvor jedoch ein ergänzender Blick auf die klassische Inflationsrate hilfreich. Auf Basis meiner Expertise als DATEV Buchhalter gehe ich anschließend kurz auf die Folgen einer hohen gefühlten Inflation für Unternehmen sowie auf Reaktionsmöglichkeiten bezüglich Buchhaltung im Allgemeinen und Finanzbuchhaltung im Speziellen ein.

Was ist Inflation und wie erfolgt die Berechnung der Inflationsrate?

Bei der Inflation handelt es sich bekanntlich um den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus in einer Volkswirtschaft. Als Maß für die Zunahme dient die Inflationsrate. Dabei handelt es sich um die annualisierte Änderung eines Preisindex. Weil es jedoch kaum möglich ist, alle Preisänderungen von Produkten und Dienstleistungen zu erfassen, betrachten Wissenschaftler hier eine möglichst repräsentative Menge an Gütern, die auch als Warenkorb bekannt ist. Gewöhnlich wird dann – gemäß der sogenannten Laspeyres-Methode – berechnet, wie viel der Warenkorb des Vorjahres gemäß aktuellen Preisen kosten würde. Die prozentuale Steigerung ist dann die Inflationsrate. 

Was ist der Unterschied zur gefühlten Inflation?

Immer wieder erklären Verbraucher, dass sich die amtliche Teuerungsrate von der von ihnen Empfundenen unterscheide. In Deutschland begann das primär vor 20 Jahren mit der Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung. Während Volkswirte nur eine relativ geringe Inflationsrate nach der Euroumstellung errechneten, sprachen viele Verbraucher wegen der stärker wahrgenommenen Preiszunahmen vom „Teuro“. Auf Grundlage dieser Diskrepanz kreierte der Wirtschaftsstatistiker Hans Wolfgang Brachinger den „Index der wahrgenommenen Inflation“, der zur Grundlage der gefühlten Inflation avanciert ist. Dieser Index soll ermitteln, wie ein durchschnittlicher Haushalt gemäß eigener Wahrnehmung bei täglichen Einkäufen von der Preissteuerung betroffen ist. Darüber hinaus fließen in die Berechnung des Index’ der wahrgenommenen Inflation Hypothesen ein, die sich teilweise aus Erkenntnissen der Verhaltenswirtschaft ergeben. Besonders wichtig sind hier:

  • Haushalte evaluieren die Inflation auf Basis der Häufigkeit von Käufen und Preisveränderungen
  • Haushalte interpretieren dabei Preissteigerungen als Verluste und Preissenkungen als Gewinne
  • Haushalte bewerten aber Verluste stärker als Gewinne (Theorie der Verlustaversion)

Im Vergleich zur klassischen Inflationsberechnung verändert sich also unter anderem der zugrundeliegende Warenkorb. Während dieser bei der Ermittlung der klassischen Inflationsrate auch Güter berücksichtigt, die Verbraucher nur selten kaufen – etwa Autos oder hochpreisige Haushaltsgeräte – fokussiert sich der Index der wahrgenommenen Inflation stärker auf Produkte des täglichen Bedarfs. Diese spielen in der Wahrnehmung der Haushalte nämlich eine stärkere Rolle, da die Kaufhäufigkeit höher ist.

Wie hoch sind derzeit klassische und gefühlte Inflationsrate?

Die Inflation ist in Deutschland aktuell überdurchschnittlich hoch. So betrug die offizielle Inflationsrate im Juli 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat satte 7,5 Prozent. Damit übertrifft sie die Zielvorgabe der Europäischen Zentralbank von rund zwei Prozent erheblich. Allerdings war sie gegenüber Mai und Juni 2022 bereits leicht rückläufig. Hier erreichte die offizielle Teuerungsrate nämlich Spitzenwerte von 7,9 bzw. 7,6 Prozent. Die gefühlte Inflation war allerdings noch deutlich höher. Diese lag laut Berechnungen von Volkswirten der DekaBank nämlich bei rund achtzehn Prozent. So hoch war die seit zwei Jahrzehnten ermittelte alternative Inflationsrate noch nie. Gründe für den Unterschied dürften hier vor allem die starken Preisanstiege bei Treibstoffen bzw. Lebensmitteln sein, die Haushalte häufiger kaufen. So nahmen im Juni 2022 im Vergleich zum gleichen Vorjahresmonat die Preise für Mehl um fast 39 Prozent, für Butter um 46 Prozent sowie für Sonnen- und Rapsöl sogar um mehr als 85 Prozent zu. Weniger ins Gewicht fallen hingegen die praktisch konstanten Preise für Bekleidung und TV-Geräte, da Haushalte diese Produkte seltener kaufen.

Was bedeutet die derzeit hohe gefühlte Inflation für Unternehmen?

Einige Ökonomen verweisen darauf, dass Haushalte auf die Inflation reagieren und bei einer hohen Inflationsrate ihren Konsum einschränken (müssen). Doch die wenigsten Menschen dürften ihre Kaufentscheidungen wirklich auf Basis der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Inflationsarten treffen. Wichtiger scheint hier vielmehr die subjektiv gefühlte Inflation sein. Weil diese jedoch aktuell noch deutlich höher als die amtlich ermittelte Preissteigerungsrate ausfällt, dürfte der Nachfragerückgang noch ausgeprägter sein. Die Folge ist, dass Unternehmen – zumindest bei den meisten Gütern – tendenziell weniger absetzen können.

Wie sollten Unternehmen auf die historisch hohe gefühlte Inflationsrate reagieren?

Ich habe es bereits geschrieben und schreibe es noch einmal, weil es so wichtig ist: Angesichts der hohen (gefühlten) Inflation darf es für Unternehmen kein „weiter so“ geben. Vielmehr müssen Betriebe auf die allgemeinen Preissteigerungen reagieren. Dazu genügt es jedoch nicht, die eigenen Preise einfach nur zu erhöhen – auch wenn Preisanpassungen in den meisten Fällen sicherlich nötig ist, um den höheren Ausgaben auf dem Beschaffungsmarkt Rechnung zu tragen. Unternehmen müssen vielmehr auch interne Prozesse optimieren, um wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben. Das gilt nicht nur für einzelne Bereiche wie Produktion oder Energieverbrauch, sondern für den ganzen Betrieb. Entsprechend meiner Profession als DATEV Buchhalter schaue ich hier natürlich auf den Bereich Buchhaltung und hier vor allem auf die Finanzbuchhaltung. Besonders wichtig ist dabei die Digitalisierung der Buchhaltung. Denn das spart mittel- und langfristig Geld. Dadurch können Unternehmen eigene Preiserhöhungen minimieren oder komplett auf diese verzichten, um so ihren Marktanteil zu erhöhen. Alternativ ist natürlich auch eine Steigerung der Gewinnspanne möglich. Darüber hinaus profitiert bei der Digitalisierung der Finanzbuchhaltung das unternehmensinterne Controlling. Weil Unternehmer dadurch bessere Informationen haben, können sie auch bessere Entscheidungen treffen. Die hohe gefühlte Inflation sollte also für Betriebe nicht nur eine Belastung, sondern auch ein Anreiz sein, unternehmensinterne Verbesserungen durchzuführen. 

Möchtest Du Deine Buchhaltung optimieren, um die Folgen der historisch hohen gefühlten Inflation abzumildern? Dann nimm bitte unverbindlich mit mir Kontakt auf. Als erfahrener DATEV Buchhalter zeige ich Dir, wie Du Deine Buchhaltung im Allgemeinen und Deine Finanzbuchhaltung im Speziellen verbessern kannst.

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